In meiner Kunst untersuche ich den Dialog der Innen- mit der Außenwelt. Ich glaube, dass in der Verbindung zu sich selbst ein Schlüssel zu einem friedlichen Miteinander liegt. Meine Skizzenbuch-Reise ist ein Zyklus, anhand dessen ich den Dialog zwischen mir und der Welt, der Aneignung dieser, beispielhaft an konkreten Themen aufzeige. Zum einen wie ich Brücken bilde, zum anderen die Einladung sich selbst im kreativen Ausdruck zu begegnen.
Der Anfang ist getan, längst ist nicht mehr alles vollkommen neu, dennoch schwirren alte Themen erneut auf mich ein. Das Außen – die Kultur – ich hatte eine Biografie von Gustav Klimt beinahe beendet und im Kunstunterricht Porträtmalerei behandelt. Das Thema der Schönheit lud mich erneut ein, meinen eigenen Frieden und Sinn darin zu finden. Gleichzeitig raubten mir die schönen Farben des Sonnenauf- und untergangs der Costa del Sol den Atem. Diese Farben wurden zum Inbegriff von Schönheit der Natur. Ich begann sie zu studieren, notieren und lies sie zu einem Teil von mir und meinem Farbrepertoire werden.
Ich fand mich selbst mit meinem Aussehen, mit dem südspanischen Frauenbild, den Gepflogenheiten, dessen wie man sich im beruflichen Alltag präsentiert, auseinandergesetzt. Die Fingernägel, Haarpflege, das Schuhwerk schienen Codierungen für eine Art Fürsorge darüber, wie man sich in der Welt bewegt. Zudem schien es mir in der Kultur gängiger, Eingriffe für ein attraktiveres Aussehen zu nutzen, und lernte von anderen Frauen, einen Blick dafür zu entwickeln. Ich ließ mich zeitweilig davon inspirieren, auch die Nägel machen, investierte in mehr Schuhe, beschäftigte mich mit Haarpflege. Kurz bevor ich an meinen Augenbrauen etwas dauerhaft machen ließ, mich negative Langzeit-Rezessionen davon abhielten, und ich meinem Freund davon erzählte, kommentierte er weise, das dies halt doch nur eine kurzfristige Lösung für de Auseinandersetzung mit dem eigenen Alterungsprozess, sei. Darum geht es als eigentlich.
Im Kunstunterricht einer 9. Klasse bietet mich die Klassensprecherin „im Namen der Mädchen der Klasse“ die ausgedruckten Porträtfotos, die sie malerisch als Vorlage nutzen sollen nicht an die Tafel zu hängen. Es sei schon schlimm genug, dass man sein eigenes Gesicht dauernd anschauen müsse. Bitte nicht vor der Klasse. Mehrfach im Prozess forderte ich sie auf, ihr Gesicht als Hügellandschaft zu sehen, das sie malerisch erkunden. Die Hemmschwelle Plastizität durch Schattierungen im Gesicht, an Wangen, Stirn, Mund und unter den Augen zu platzieren war hoch. Ich selbst übte dies anhand einer der Gesichter, die Gustav Klimt gemalt hatte.
Die Schüler*Innen lehrten mich, mit meiner Fürsorge ihnen beizustehen, während sie sich wochenlang mit ihrem Gesicht und den damit verbundenen kritischen Gedanken beschäftigten. Immer wieder den Fokus auf den malerischen Prozess zu lenken, und sie in ihrem Prozess der Selbsttoleranz beizustehen und sensibel mit ihren Gesichtsabbildungen umzugehen. Ich konnte mich mit der innere kritischen Stimme identifizieren.
In der Gustav Klimt Biografie erfuhr ich aber nicht nur, dass die Schönheit der Jugend als Muse für den Maler und seine eigene Entwicklung relevant war. Sich vom Zeitgeist seines Wiens der Jahrhundertwende ein bisschen lösend, schenkte er seinen Modellen zwischen ornamentalem Design, das mich häufig an ägyptische Bildsprache in Schwarz-Weiß-Gold erinnert, und damit auch an die jenseitigen Bezüge, an die Seelenreise der Toten. Die Frau, die ich auch in meinem Skizzenbuch zitierte, hielt ihre Schönheit fest, war aber, wenn ich mich richtige erinnere, krank, was sich zum einen in ihrer Blässe offenbart. Ob sie aufgrund ihrer eigenen Krankheit sich mal mehr mit ihrer eigenen Vergänglichkeit auseinandersetzen musste? Die Biografie lud ein jenseits ihres schönen Aussehens ihr eine Persönlichkeit zu geben, ein eigenes Innenleben.
Dies blieb auch mein persönliches Resumé, in der nie endenden Auseinandersetzung mit dem eigenen Aussehen. Es schien mir wichtiger, von meiner Objekt-haftigkeit weg zum Subjekt zu werden. Das sich etwas in meinem Blick auf mich ändert, wenn ich mich als Handelnder, als Seiender Mensch begreife und mir so begegne. Vielleicht in dem Begegnen meines eigenen Blickes den Teil sehe, der etwas braucht. Und damit jenseits der Oberfläche zu beginnen, dem Menschen dahinter zu begegnen.
Die Spiegelarbeit war eine Empfehlung, die ich mit einer Freundin übte. Wir fanden es anfangs viel einfacher, die Übung mit geschlossene Augen zu machen, und den Spiegel fast schon affig. Aber nach einer Weile, war es unglaublich kraftvoll und veränderte wie ich meinem Spiegelbild begegnete.
Aus einem Arbeitsbuch entnahm ich die Affirmationen, von einer befreundeten Coachin die Empfehlung, die Sätze mit dem Gewahrsein von Erinnerungen an positive Gefühle zu verknüpfen. So zum Beispiel mich an meine volle Lebensfreude beim Surfen einzufühlen, und dann den Satz „Ich bin gut genug“ innerlich zu sagen.
Sie bestand darin sich selbst mehrere Minuten in einem Spiegel zu betrachten und dabei Affirmationen zu sagen. Sätze wie „ich bin gut genug“, „du bist wichtig“, oder „ich bin liebenswert“. Es war herausfordernd, nicht in eine kritische Untersuchung über Hautunreinheiten oder dergleichen zu richten. Immer wieder mit der Intention sich Wertschätzung gegenüber zu bringen, das ernst zu meinen, sich selbst in die Augen zu sehen.
Der Weg vom Objekt zum Subjekt hin – zu einem Erleben, ja von Innen, von einem lebendig-spüren her, und damit sich selbst eine eigene Qualität der Körpererfahrung zu eigen zu machen – die mit dem Aussehen an sich, nichts zutun hat, sondern den Körper von innen heraus spürbar macht – schien mir am leichtesten in der Natur.
In der Natur sein als „Raumhülle“, die das eigene Mensch-sein erfahrbar macht. Natur war für mich immer auch Trost und Inspiration, aufgrund des Natur-Kreislaufes. In bereits vier verschiedenen Werkserien setze ich mich mit diesem Phänomen auseinander.
Die Wanderschaften auf dem Camino, das Surfen als ganzheitliches Erleben sowie meine Erfahrungen mit dem Malen im Freien, vor allem in der Wildnis – prägen diese Arbeiten.
ANREGUNG I
Zeichne, male oder collagiere: Schönheit, was ist deine die Muse?
1. Was in deiner Umgebung empfindest du als schön? Was inspiriert dich?
ANREGUNG II
In der Spiegelübung geht es darum innere Glaubenssätze umzudeuten und mit dem Blick in den Spiegel einen anderen Blick auf sich selbst zu entwickeln: Welche Affirmation spricht dich am meisten an? Zum Beispiel für „Ich bin nicht liebenswert“ – Schau in den Spiegel und sage dir selbst, während du dir in die Augen schaust, „ich bin liebenswert“.
2. Notiere deine Erkenntnisse nach der Spiegelübung auf die Seite. Betrachte deine Gestaltung und lasse sie auf dich wirken.
> Skizzieren, notieren, zeichnen, malen, kleben – gestalte eine Skizzenbuch-Seite oder auf einem Blatt Papier! Digital oder analog!
Ich freue mich über Rückmeldungen, Verweise, Wünsche oder Weiterleitungen auf meinen Social Media-Kanälen oder via Email.