Sabine Geierhos

Sich im kreativen Ausdruck selbst begegnen

Skizzenbücher begleiten mich auf meiner inneren Reise, meiner Entwicklung als Mensch und erschaffen ein Gegenüber, mit dem ich Ideen, Gedanken, Fragen, Gefühle und Wahrnehmungen aufs Papier bringe und damit letztlich mir selbst begegne.

Die Sprache des Skizzenbuches ist visuell direkt, aber wiederholt begegneten mir erst im Nachhinein Zusammenhänge und Erkenntnisse. Im Moment selbst ging es vorrangig darum, dem, was da ist, einen Ausdruck zu geben.

Jahreszyklus

Hier – als Blog auf meiner Homepage – möchte ich ungefähr alle 2 Wochen -meine Reise mitteilen und ein Arbeitsbuch erstellen, das im Zyklus eines Jahres aufgeteilt ist. Hierbei möchte ich diejenigen von euch unterstützen und inspirieren, die sich selbst im kreativen Ausdruck begegnen möchten. 

Hier erfährst du nun die Themen, die mir in meinem Prozess begegnet sind und hier lade ich dich ein, rauszupicken, was dich anspricht. Vermutlich bist du bereits auf deiner eigenen Reise, genießt die Schönheit und möchtest dich dieser weiter hingeben. Ich lade dich hiermit also ein, selbst Stift und Papier, Farbe oder Collage, digital oder analog kreativ zu werden, und damit dir selbst zu begegnen. 

Ich freue mich über Rückmeldungen, Verweise, Wünsche oder Weiterleitungen auf meinen Social Media-Kanälen oder via Email.

Code der Berührtheit

Als die spanische Künstlerin M mich einmal besuchte, und durch meine inneren Kind- Skizzenbücher blätterte war sie ganz überrascht. Sie kannte meine Arbeiten vor allem durch die Strandbilder Spaniens auf Instagram. Nun starrte sie auf Seiten von Gekritzel, mit groben Stiften, mit Schriftfetzen versehen. Sie blickte mich durchdringend an. „Das solltest du ausstellen.“ 

Das lag vor allen Dingen daran, dass unter den Kunstschaffenden, die Lager sich manchmal spalten über vorrangig konzeptuelle Arbeitsweisen und dagegen – wie bei diesen Skizzenbüchern ein eher intuitiver direkter Gestus durch die Nutzung der nicht-dominante Hand zustande kommt, der in der Auseinandersetzung mit seinem eigenen Inneren eine andere Bildsprache erzeugt, die gerade andere Menschen, und nicht unhäufig andere Künstler anzusprechen scheint, die sich bereits auf ihrer eigenen Reise der Selbstbegegnung befinden. 

Die bereits verstorbene Künstlerin K hatte einst – da wusste sie vermutlich bereits schon, dass sie sterben würde – mich tief im Inneren berührt angerufen, als Reaktion auf eine Skizzenbuchgestaltung, welche sie ursprünglich ins Leben gerufen hatte. Ich hatte die Seiten zu einer Zeit gestaltet, als ich nur 50 % als Kunstlehrerin gearbeitet hatte und mich viel in meinem Atelier aufhielt, und dabei aber in einem inneren Prozess der Betrauerung meiner Kindheit steckte. Diese Trauer vermute ich, hatte die Künstlerin K in ihrem eigenen Trauerprozess abgeholt. Wie eine Codierung, die vor allem dann entschlüsselt wird, wenn man selbst einem inneren Prozess hingibt.

Ich selbst hatte es bei den Arbeiten Maria Lassnig in Stuttgart erlebt. Ihre Biografie hatte ich davor gelesen. Nach einer Woche auf dem Camino, dann auf einem gestalttherapeutischen Gruppenseminar stand ich vor ihren Bildern im 1. Stock. Im Vergleich zu den ausgestellten großformatigen Frühwerken der berühmten deutschen 80er Jahre Künstler im Erdgeschoss beeindruckten sie weniger durch ihre physische Präsenz, sondern berührten mich aufgrund meines körperbetonten, geschulten Spürens so intensiv, dass ich mich vor den Bildern auf den Boden sacken ließ, mir ans Herz fasste. Als ob ich durch mein eigenes mit mir so verbunden sein von ihrem inneren Prozess berührt war.

Mit dem Ende beginnen – I.5

Wir beginnen mit dem Ende des 1. Kapitels, des 1. Skizzenbuches, welches mir Massen an Erkenntnissen, ein riesengroßes Staunen bereitete und zugleich den Blick auf einen Zustand des dazwischen-seins legt. Etwas geht zu Ende, das Neue hat noch nicht begonnen, es ist die neutrale Zone dazwischen, der Übergang. Während also einerseits ein Haufen Erfahrungen das Ende markieren, gibt es das noch nicht wissende, darüber, was kommt. 

Worum geht es im 1. Kapitel, im ersten Zyklus, im ersten Skizzenbuch? Was ist “mein” Ende?

Mein Ende

Die große Heldenreise hatte einen Beginn, aber wir beginnen hier mit dem Ende. Und nur verkürzt rekonstruiert gab es meinen Surf-Traum in Finisterre. Es gab eine Fantasiegeschichte über einen Vogel, der von bunten Federn träumt und am Ende der Welt das Fliegen entdeckt. Es gab die erste 6-wöchige Wanderung auf dem Camino Norte, dem Jakobsweg nach Santiago, mit dem Ziel nach Finisterre. Meine Geschichte war symbolisch überlagert, fantasievoll hatte ich begonnen, ganz im Geiste des Caminos, bekam alles auf dem Weg eine subjektiv bedeutsame Botschaft, wurde zum umgedeuteten Mythos für meine eigene persönliche Reise. Und was hatte ich am Ende herausgefunden – über mich? Ich lernte zu sehen, dass all diese Elemente eine Art spirituelle Unterstützung darstellten, um mich eigenen tiefen Ängsten stellen zu können. Es war das Gerüst, mit dessen Hilfe ich in der Lage war, mich dem zu stellen, dem ich ausgewichen war. 

Symbolische Unterstützung durch Ort und Begleiter

  • Bild I. Lebensplan auf dem Lageplan des MET-Museums in NY

Plötzlich gepackt, irgendwo am Flughafen, hatte ich dort doch letztlich kulturelle Unterstützung für meine Reise gefunden.

Mein Surftraum wurde von der Idee eines „symbolisch“ aufgeladenen Ortes voller Mystik, ein Mythos – Finisterre – unterstützt. Durch meine irische Mutter gab es ein Stück Erde mit keltischen Wurzeln. Dort träumte ich vom Wellenreiten an der Atlantikküste. Der Ort sollte neben dem Surfen mich mit meiner Intuition verbinden und damit meine künstlerische Schaffenskraft beflügeln.

 Das Ende der Welt hatte ich als symbolischen Ort des Wandels für mich bestimmt. Es war die Vorstellung eines Traumes, (mehr davon in I.1 und I.4) vom Surfen, am Meer lebend und dieses Ortes voller Mystik. Dort endete der eigentliche Sternenweg auf dem europäischen Kontinent, dort wurden die Toten in Booten auf ihre Seelenreise entlassen, ein Ort, an dem Wandel möglich war, das Unerklärliche, Geheimnisvolle stattfinden konnte.

Und so findet sich ein Zyklus, eine Idee einer Lebensreise, aus den Wurzeln kommend, dorthin zurückführen, als ob mein Leben auch letztlich einer höheren Ordnung gewidmet sei – wie die Seelenreise der Toten.

-> Bild II. Reise des Papageien ans Ende der Welt

Während ich auf dem Camino lief hatte ich bereits symbolische Unterstützung in der Kulturgeschichte für mich gefunden und in diesen Zyklus gezeichnet, der sich nun in dem Gästebuch einer Albergue auf dem Camino Norte befindet.

Die Landkarte hält der Papagei, mit Zwischenstopp in Dublin über Barcelona nach Bilbao begann die Wanderschaft in Irún entlang der Nordküste Spaniens und war von einem Band begleitet, aus verschiedenen mir symbolisch aufgeladenen Elementen. Aus der Kulturgeschichte hatten mich verschiedene Motive inspiriert – der fruchtbare Pinienzapfen, die Verbundenheit des Meeres, die Seelenreise der ägyptischen und prähistorischen Bildsprache – während die bunten Federn die Sehnsucht nach der Erfüllung eines Traumes darstellten.

-> Bild III. Was bot hier Unterstützung? Die Tiere, symbolisch beladen und ein Körperkontakt von gehaltenen Händen und Umarmungen. 

Was lag darunter? 

->Bild IV: In der ersten Runde auf dem Camino begegnete ich über die Tiergeschichte letztlich eine Art spirituelle Unterstützung, um mich meinen eigenen tiefsten Ängste stellen zu können. Es gab eine Etappe, wo mein inneres Kind mich bat, mit ihr die dunkle Höhle hinabzusteigen. Ich zögerte, folgte ich aber. Dort wartete sie im Dunkeln dann auf einem Boot auf mich, erneut mit bittend ihr zu folgend. Ich hatte Angst, wagte dennoch den Schritt. Es war die Konfrontation mit vergangenen Verletzungen und deren Stimmen. Dort führte sie mich letztlich wieder aus der dunklen Höhle durch die Lichtschlitze heraus. Ich hatte ihr vorher nur nicht vertraut, dass sie den Ausweg kennen würde.

War es Spielerei und Freiheit, die der Papagei für mich bedeutete? In der zweiten Caminoreise hatte ich mich mit meinen Raktionsmustern von Flucht, Überanpassung, Einfrieren und Kampf auseinandergesetzt gesehen. Anstelle des Papageien war die Seemöwe getreten – Ich stellte mich meinem eigenen Kampfgeist.

Anregung für Dich:

ANREGUNG I

Nun geht es darum, dir symbolische Unterstützung für dich zu suchen.

Was sind deine Wurzeln, wie können sie dich tragen und dir Halt geben? Wovon träumst du?Welche Begleiter oder Unterstützung wünschst du dir dabei? Vielleicht gibt es auch bereits Symbole, die dir wichtig sind. Zudem: bleibe offen, für Symbole, die dir in den nächsten Wochen begegnen. Zur symbolischen Unterstützung:

  1. wähle einen Ort
  2. wähle einen Begleiter

-> Skizzieren, notieren, zeichnen, malen, kleben – gestalte eine Skizzenbuch-Seite oder auf einem Blatt Papier! Digital oder analog!

ANREGUNG II

Wenn alle Figuren im Grunde Botschafter darstellen – welche Botschaften könnten für dich darin begründet liegen? Welche Art der „spirituellen“ Unterstützung bietet sich dir womöglich bereit? Was liegt bei dir darunter? Welche Wahrheit über dich möchte sich dir mitteilen? Worüber möchtest du gerade nicht nachdenken?

-> notiere zu deiner Skizze deine Erkenntnisse.

Ich freue mich über Rückmeldungen, Verweise, Wünsche oder Weiterleitungen auf meinen Social Media-Kanälen oder via Email.