Sabine Geierhos

Meine Skizzenbuch-Reise ist ein Zyklus, durch den ich den Dialog zwischen mir und der Welt sowie meine Auseinandersetzung mit konkreten Themen darstelle. Ich zeige, wie ich Verbindungen schaffe und lade dazu ein, sich selbst im kreativen Ausdruck zu entdecken.

Kapitel VI , der Anfang – den Ruf hören

Es folgt nun das Todeskapitel, in dem es um das Erleben eines Sterbens, das Ende eines Lebens geht. Es arbeitet in mir, während ich darüber schreibe. Nicht unberührt erlebe ich diesen emotionalen inneren Prozess neben einer geografischen Platzierung. Und doch bleibt der Gedanken an Rumi. Träumend von Baghdad in Kairo und umgekehrt.

Vermutend, dass meine Rückkehr nach Deutschland einem Tode gleichen würde, den ich vermutlich verdrängen würde, und den sich anbahnenden Schmerz noch viel mehr zu ertragen hätte. Wollte ich statt versetzt, mich also direkt der Angst stellen. Eintauchen, auch wenn ich Dante noch immer nicht gelesen hatte, es war längst klar: ich hatte die Bereitschaft in den Abgrund zu steigen, ich war bereits dort gewesen. Der Unterschied zu Rumi sicher daran lag, dass besagter Reisende dem Traum folgte, um dann dort die Hinweise zum Schatz zu erhalten, den er bei seiner Rückkehr fand. Doch die Tendenz sofort zur Wiedergeburt springen zu wollen, musste ich unterbinden. Erst einmal musste ich das Sterben zulassen.

Angst möchte vermeiden

Meine Reise begann nicht erst mit meinem Umzug nach Spanien. Der Kern dessen, was mir widerfahren war, basierte auf einer Fantasie. Eine Sehnsucht, die ich bewässerte und mit Licht versah. Sie wuchs wie eine seltene Pflanze im Schlamm meiner kreativen Fähigkeiten. Am Meer leben, mit Gleichgesinnten surfen, in der spirituellen Verbindung baden, dies im Atelier künstlerisch freilegen, die gemalten Werke mit der Welt teilen und damit meine Existenz zu sichern. Darum wird es in dem eigentlich beginnenden Kapitel gehen, nicht jetzt. Jetzt blicke ich von der Vorstellung eines Endes auf den Kreislauf und merke, wie schwierig es ist, hier einen Moment zu verweilen. Die Angst zieht mich weg, möchte vermeiden.

Im Laufe dieses Prozesses der Vergegenwärtigung tauchte die Vision auf, als Leiche auf dem Meer zu schweben. Vielleicht erst hier konnte ich sehen, wie mein System in vier Jahren in Südspanien leben in der Meerbegegnung wahrhaftig einen Heimatort gefunden hat. So war die leichtfüßige Vorstellung eines freien Lebens auf der Projektion der Surf-Subkultur deutlich bedeutungsbeladener, als ich gewillt war, mir einzugestehen.

Nun war es das Ende einer Etappe, die mir ins Auge sprang. Trauerprozesse hatte ich bereits zuvor durchforstet. Habe in dem Gespür auf dem Wasser zu liegen bereits zuvor Vertrauen und Halt erfahren. Sogar umgekehrt- die Bereitschaft mich meinen inneren Abgründen zu stellen, die Schmerzen zu spüren, hatte es notwendig gemacht, in verbindende, stützende, wärmende Fürsorge einzutauchen. Hier entstanden die ersten figurativen Malereien mit Schüttspuren, bemüht einen Ganzheit aufzuzeigen, an menschlichem Erleben, dass eben Körper, Geist und Seele berücksichtigt.

Die Diskrepanz von Erleben und Trauer war mir auch hier begegnet. Erst Monate später, in kraftvollen Schwimmzügen war ich bemüht in meinem spanischen Arbeitsalltag als Lehrerin mich über Wasser zu halten. Hier erst besuchte sie mich, die Sehnsucht nach einem Abschied aus Deutschland. Versetzt war ich gewahr dessen, was ich zurückgelassen hatte. Zuvor war die Sehnsucht und Aufregung vor dem, was mich erwarten würde, Raum einnehmender.

Einsamkeit

Doch nun spürte ich die Angst, all das aufzugeben und zurückzukehren. Angst auch davor, dass der Teil, der in mir so aufgeblüht war, sich nun lösen musste. Der Schmerz darüber, dass es alles zuletzt zeitlich begrenzt war. Die ans Herz gewachsenen Orte und Menschen würden weiter wachsen. Es war unaufhaltsam. Der Abschied schmerzt. Darunter winkte die Einsamkeit.

Die Einsamkeit in der Vorstellung der Rückkehr hatte auch mit dem realen inneren notwendigen alleinigen Verarbeitungsprozess zu tun. Wusste ich doch, gerade weil es so hart zu Beginn gewesen war in der Ferne anzukommen. Mich an die Fremde, die Sprache, Wege, Umgangsweisen, den Arbeitsalltag – das Leben dort zu gewöhnen. Und hatte ich nicht in meinem Freistellungsjahr endlich in der Ferne mit meiner Zeit hantieren dürfen wie es mir geliebte. Konnte mich voll und ganz der Kunst und meiner Projekte und Themen widmen. Es reifen lassen, die Wörter suchen, und auch diesen Schreibfluss erlauben können. All das brauchte Zeit und Raum.

Todesbewusstsein

Und wusste ich doch, die Umkehrung würde Kraft kosten. Das geschaffene Wachstum kostet seine Preis. Die innere Umpflanzung mangelnder Wurzeln zum Ort, schmerzt und reißt den Boden unter den Füßen. Die Realität des notwendigen alleinigen Durchschreitens. 

Und so beginnt dieser Zyklus mit der Dunkelheit, und vergegenwärtigt durch den Abschluss eines Lebens in der Ferne, den Schnitt, den Wechsel, das Ende davon. Diese Leben wird nun sterben. Und nicht durchgängig möglich, der Geist zur Ablenkung schlittert. Doch dazwischen, das Bewusstsein eines Todes. Kalt, mich erstarren lässt.  

Anregungen für dich:

ANREGUNG I

Zeichne, male oder collagiere:

1. Lebensabschnitt-Wechsel als „Tode“ – welchen Wechsel bist du eingeladen zu betrauern?

ANREGUNG II

2. Welche Momente der Dunkelheit erlaubst du dir zu vergegenwärtigen?

Skizziere, notiere, zeichne, male, klebe- gestalte eine Skizzenbuch-Seite oder auf einem Blatt Papier! ! Digital oder analog!

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